[Wet’suwet’en Territorium, Kanada] Baustelle der Coastal GasLink Pipeline verwüstet

In der Nacht auf Donnerstag, den 17. Februar 2022 stürmten vermummte Angreifer*innen eine Baustelle des gegen den Widerstand der Wet’suwet’en auf deren Territorium errichteten Coastal GasLink (CGL) Pipelineprojekts. Während zugleich mehrere Barrikaden auf der Zufahrtsstraße errichtet wurden, sollen rund 20 vermummte Personen die Stromversorgung der Baustelle unterbrochen, das Sicherheitspersonal angegriffen, die Bauarbeiter von der Baustelle gejagt und daraufhin das auf der Baustelle befindliche schwere Gerät nachhaltig zerstört haben. Die Rede ist von einem Schaden in Höhe mehrerer Millionen Euro.

Die fragliche Baustelle war bereits Ende letzten Jahres von Angehörigen der Wet’suwet’en besetzt worden, um den Bau der Pipeline, die an dieser Stelle den Fluss Wedzin Kwah (Morice River) unterqueren, was eine für das Land und seine Bewohner*innen äußerst wichtige Wasser- und Nahrungsquelle gefährdet. Deswegen/Darüber hinaus gilt der Flusslauf an dieser Stelle als heiliges Gebiet. Nachdem das am Standort der jetzigen Baustelle errichtete Camp der Widerstand leistenden Wet’suwet’en geräumt wurde, hat der Angriff von Donnerstag wohl ein weiteres Mal dafür gesorgt, dass der Pipelinebau vorerst zum Erliegen kommt.

Die nachdem die Arbeiter von der Baustelle gejagt wurden alarmierte und sofort vorrückende und bereits zuvor in der Nähe stationierte Polizei hatte auf ihrem dutzende Kilometer langen Anfahrtsweg mit mehreren Barrikaden zu kämpfen, bestehend aus Bäumen, Nagelbrettern, brennenden Barrikaden, sowie einem Schulbus. Bei ihrem Räumungsversuch dieser Barrikaden wurden die Bullen  mit Rauchbomben und Brandsätzen beworfen, ein Bulle wurde dabei verletzt.

Als die Polizei dann endlich auf der Baustelle eintraf, konnte sie nur noch das Ausmaß der Zerstörung feststellen. Die Angreifer*innen waren entkommen. Auch die weiteren Ermittlungen dürften sich als schwierig herausstellen, da die Personen das Gelände vermummt betraten und durch die Unterbrechung der Stromversorgung die Videoüberwachung frühzeitig außer Kraft setzten.


Artikelteile übernommen von den bei Warrior Publications gespiegelten Presseberichten [1, 2]


Ein Kommentar zum Angriff auf die Coastal GasLink Baustelle an der Servicestraße Marten Forest

Von Gord Hill

Was wie ein hochgradig effektiver Akt der Sabotage aussieht, der von Indigenen Landverteidiger*innen durchgeführt worden sein könnte, das nährt die Verschwörungstehorien …

Und manche tehoretisieren nicht einmal nur, sie stellen es als Tatsache dar: Es waren die Cops, es war CGL … hier ist eine andere Theorie: Der Angriff wurde von indigenen Menschen durchgeführt, die in der Totenstille und Eiseskälte der Nacht zu einer Mission aufbrachen: Die CGL-Pipeline zu sabotieren.

Sie haben einen waghalsigen und komplexen Angriff durchgeführt, der, so wie ich es mir vorstelle damit begann, die Securitys von den Fahrzeugen und Gebäuden wegzubekommen. Nachdem die Sicherheitsleute die Flucht ergriffen haben wurden Blockaden und Nagelbretter auf der einzigen Zufahrtsstraße, die zur Baustelle führt, platziert, was das Eingreifen der Bullen möglicherweise um Stunden verzögerte. In dieser Zeit haben die Krieger*innen Sabotagen im Umfang von Millionen Dollar verübt.

All das in Betracht ziehend, denke ich, dass es wichtig ist, einzuräumen, dass das einfach das sein könnte, wonach es aussieht: Ein Angriff, der von indigenen Krieger*innen durchgeführt wurde.

Ich habe gesehen, wie Personen etwas über einen Bombenanschlag, der in den 1990er vom RCMP [Bundespolizeibehörde] in Alberta durchgeführt wurde, als Beweis dafür, dass die Bullen False-Flag Angriffe verüben. Dieser Bombenanschlag war Teil der polizeilichen Ermittlungen gegen Wiebo Ludwig und seine Kampagne gegen die Öl- und Gasindustrie. Die Aktion zielte darauf ab, Ludwig in die Falle zu locken. In Zusammenarbeit mit dem Ölunternehmen sprengte die Polizei eine verlassene, ungenutzte Baracke in die Luft. Es war keineswegs ein größerer Sabotageakt, im Gegensatz zu dem, was nun aus dem Territorium der Wet’suwet’en berichtet wird. Es war unbedeutend verglichen mit der tatsächlichen Sabotage, die damals stattfand und derer Ludwig gemeinhin verdächtigt wurde … und von der es seitens der Ölunternehmen und des RCMP eine buchstäbliche Mediensperre gab, die nicht wollten, dass sich die Praxis der Sabotage verbreitete.

Eines der Probleme mit diesem Verschwörungstheorie-Gespinne ist, dass das die Wirksamkeit der Aktion untergräbt. Je mehr sich das verbreitet und je mehr das gärt, desto mehr Menschen fragen sich, ob es wirklich ein authentischer Akt des Widerstands war oder nicht. Wen soll das inspirieren? In wessen Interesse werden Akte des Indigenen Widerstands heruntergespielt, anstatt beworben? Ich glaube außerdem, dass dieses Verschwörungstheorie-Gespinne diejenigen entmutigt, die die Aktion durchgeführt haben (und die nun von der Polizei gejagt werden).

Außergewöhnliche Behauptungen erfordern außergewöhnliche Beweise …

Jedenfalls ist das meine Theorie …


Übersetzung von https://mtlcounterinfo.org/concerning-the-attack-on-the-coastal-gaslink-worksite-on-marten-forest-service-road/