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Gegen den 41bis, gegen jegliche Folter!

Der Art. 41 bis ist eine 1992, als provisorische Notstands-Massnahme nach den Mafiamassenmorden jener Jahre, eingeführte Gefängnisregelung. Nach und nach wurde sie vom italienischen Staat durch die Einführung weiterer Anwendungen nach Lust und Laune perfektioniert und verändert.

Wenn wir an Folter denken, denken wir oft nur an die körperliche Folter. Nur, Folter kann, wenn psychologisch, auch schwerwiegender sein. Der Art. 41 tut das, indem eine gefangene Person total isoliert wird, was vielleicht weltweit die einzige gesetzlich bestimmte Folter darstellt.

Die Strafvollzugsbehörden regeln in Absprache mit der Antimafia-Staatsanwaltschaft das Leben der Gefangenen durch die Bestimmung aller Momente ihres Tagesablaufes. Hier bloß einige dieser Regeln:

Die Gefangene Person wird 23 Stunden am Tag total isoliert und kann nur eine Stunde mit maximal weiteren drei von der Gefängnisdirektion bestimmte Personen verbringen. In diesen Hofgängen ist zum Beispiel das Mitbringen von Blättern, Schreibwerkzeugen und Prozessakten verboten. So wird die Möglichkeit beschränkt, etwas zusammen zu diskutieren oder zu schreiben.

Jede gefangene Person darf maximal 3-4 Bücher in der Zelle haben und sogar Schreibwerkzeuge und Hefte werden von den Wärtern kontingentiert.

Die gefangene Person darf nur mit einem engen Familienmitglied einen einstündigen Besuch monatlich haben. Der Besuch findet mit Trennscheibe über einer Gegensprechanlage statt und wird auf Ton- und Videoband aufgezeichnet. Alternativ zur Besuchsstunde kann ein zehnminütiges Telefongespräch geführt werden, aber die verwandte Person muss diesen Anruf von einer Polizeikaserne aus machen.

Auch die Anwaltsbesuche werden erschwert, was eine angemessene Verteidigung verhindert.

Wenn die Anwendung der Korrespondenzzensur hinzugefügt wird, das Verbot, über das eigene Territorium und die eigenen Interessen Informationen zu erhalten, auch wenn sie in nationalen Zeitungen erscheinen (einem Genossen wurden zum Beispiel die Nachrichten über jegliche Form nationaler Proteste in der Zeitung „la Repubblica“ ausgeschnitten), Bücher verboten sind, lediglich ein Kleidungswechsel pro Monat möglich ist, wenn der Ausschluss von jeglichen gesetzlich vorgesehenen Vollzugsbegünstigungen (Hausarrest, Straferlasse wegen guter Führung, usw. usw.) hinzugefügt werden, ist der Rahmen klar: mit der 41.-Regelung wird eine gefangene Person lebendig begraben.

Nicht zufälligerweise werden die Gefangenen von einer Sonderabteilung der Gefängnispolizei, vom Gruppo Operativo Mobile verwaltet: professionelle Schläger, die traurigerweise auch durch das Zusammenschlagen in der Kaserne Bolzaneto in Genua im Jahr 2001 bekannt sind.

Dieses Regime dauert 4 Jahre und kann jeweils völlig willkürlich um je zwei Jahre verlängert werden. Es gibt Personen, denen dieses Vollzugsregime seit Jahrzehnten andauernd verlängert wird. Folglich ist klar, dass man da nur durch Lossagung oder Reuebekundung rauskommen kann.

Seit dem vergangenen 5. Mai ist unser Gefährte Alfredo Cospito dieser Folter unterworfen. Er wird jetzt im Gefängnis von Bancali in Sassari festgehalten, ein Gefängnis, das nur aus effektiv unterirdisch angelegten Zellen besteht. Der Gefährte ist nun schon seit zehn Jahren wegen eines Knieschusses gegen den Geschäftsführer von Ansaldo Nucleare im Gefängnis. Alfredo wurde spezifisch angegriffen, weil er sich von hinter den Mauern aus weiter aktiv an revolutionären Verläufen beteiligte. Durch seine Texte und seine Korrespondenz kämpfte er kontinuierlich gegen diese Gesellschaft. In einem System, wo nunmehr auch das Wort als Verbrechen gilt, ist er eine Person, die es zu isolieren, zu bestrafen und zu vergraben gilt.

Wir dürfen nicht zulassen, dass sich so etwas ereignet. Gestern wie Heute besteht die Notwendigkeit, die 41.-Regelung und mit ihr eine Gesellschaft zu stürzen, die derartige Abscheulichkeiten hervorbringt.

An der Seite Alfredos und aller gefangenen GefährtInnen.


Text aus dem Italienischen zu einem Nachtessen in Solidarität mit dem Gefährten Alfredo Cospito am 17. Juni 2022 in Lecco, Italien. https://leccoriot.noblogs.org, larrotino@inventati.org

[Italien] Update zum Kassationsverfahren der „Operation Scripta Manent“

Am 6. Juli 2022 endete das Kassationsverfahren in Turin wegen der „Operation Scripta Manent“.

Update zum Kassationsverfahren der „Operation Scripta Manent“

Am 6. Juli 2022 endete das Kassationsverfahren in Turin wegen der „Operation Scripta Manent“. Das Schwurgericht hat den Sprengstoffanschlag auf die Kadettenschule der Carabinieri in Fossano (Cuneo) am 2. Juni 2006, zu dem die Zelle „FAI/Anonyme und grausame Revolte“ die Verantwortung übernommen hatte und für den Anna Beniamino und Alfredo Cospito angeklagt waren, erneut als „politischen Massenmord“ (nach dem Art. 285 des italienischen Strafgesetzbuches) eingestuft und das Verfahren an das Berufungsgericht in Turin zurückgewiesen, um das Strafmaß neu zu berechnen, bzw. um zu erhöhen. Alle anderen Urteile, die zwischen einem Jahr und neun Monaten und zwei Jahren und sechs Monaten liegen, wurden für elf Gefährten bestätigt, während die übrigen Angeklagten freigesprochen wurden; die Urteile und Freisprüche sind somit rechtskräftig.

Es wird die Zeit kommen, die Analysen zu vertiefen. Was offensichtlich ist, ist die Entschlossenheit des Staates, die anarchistische Bewegung und den revolutionären Kampf zu zerschlagen, indem er das, was aus dem Turiner Schwurgericht hervorging, mit einem Urteil, das keinen Revisionsspielraum zu enthalten scheint, weiter verschärft. Während die Widersprüche, auf denen die sozialen Spannungen Formen annehmen, die für die Macht unbeherrschbar sind, versucht der Staat der Bewegung einen Schlag zu versetzen und diejenigen zu warnen, die nicht aufgeben: zwei oder drei Jahre für diejenigen, die eine Zeitung schreiben, Dutzende von Jahren Gefängnis und sogar lebenslängliche Haft für diejenigen, die bis zum Äußersten gehen.

Die jüngste Entscheidung, Alfredo in das 41bis-Haftregime einzukerkern, die im übrigen schamlos am Vorabend dieser Verurteilung getroffen wurde, steht in vollem Einklang mit dieser staatlichen Repressalie: die Entscheidungen wurden getroffen und Alfredo soll somit buchstäblich im Gefängnis begraben werden. Seine Ideen, seine Handlungen, seine Beiträge sollen zum Schweigen gebracht und zum Vergessen verurteilt werden.

Aber die Gefangenen des sozialen Krieges zu vergessen bedeutet, den Krieg selbst zu vergessen: revolutionäre Solidarität mit den Anarchisten Anna Beniamino und Alfredo Cospito.

Tod dem Staat und dem Kapital, es lebe die Anarchie!


Die Adressen der beiden Inhaftierten:

– Anna Beniamino
C.C. di Roma Rebibbia femminile
via Bartolo Longo 92
00156 Roma (Italien)

– Alfredo Cospito
C.C. die Sassari „Giovanni Bacchiddu“
strada provinciale 56 n.4
Località Bancali
07100 Sassari (Italien)


Via de.indymedia

[Italien] Gegen den 41bis, revolutionäre Solidarität mit dem Anarchisten Alfredo Cospito

Am Donnerstag, den 5. Mai, wurde der inhaftierte Anarchist Alfredo Cospito über die Verhängung des 41-Bis-Haftregimes informiert, das ihm aufgedrückt wurde.

Am Donnerstag, den 5. Mai, wurde der inhaftierte Anarchist Alfredo Cospito über die Verhängung des 41-Bis-Haftregimes informiert, das ihm aufgedrückt wurde. Derzeit befindet sich Alfredo noch im Gefängnis von Terni, in den dafür vorgesehenen Trakt. Wir wissen nicht, ob es sich dabei um ein vorübergehenden Aufenthaltsort handelt oder ob eine Versetzung in eine andere JVA folgen wird. Der Erlass wurde, wie gesetzlich vorgeschrieben, direkt von der Justizministerin Marta Cartabia, der ehemaligen Präsidentin des Verfassungsgerichts, erlassen. Erinnern wir uns kurz daran, dass das 41bis ein besonders leidvolles Strafvollzugsregime vorsieht: Unterbindung jeglicher Kommunikation, Isolation, kein Hofgang und Untersagung jeglicher sportlicher Aktivität, komplette Stille, Zensur des Schriftverkehrs, eine einstündige Besuchszeit pro Monat mit einer Glastrennwand und einer „Gegensprechanlage“, die die Gespräche aufzeichnet, 10 Minuten Telefonate pro Monat mit einem autorisierten Familienmitglied, das gezwungen ist, aus einer Carabinieri-Kaserne anzurufen. Den Gefangenen ist es untersagt, Zeitungen und Bücher zu erhalten, ein Großteil der Korrespondenz wird aufgrund ihres Inhalts blockiert, außerdem ist es nicht möglich, Zeitungen zu kaufen, und die Verfügbarkeit von Gegenständen in der Zelle ist stark eingeschränkt (Bücher, Kleidung, Lebensmittel, Papier- und Stiftkontingent). Dies ist nicht das erste Mal, dass eine solche Maßnahme auf Revolutionäre angewandt wird; 2006 wurden vier Gefangene der Roten Brigaden in solchen Einrichtungen interniert (eine von ihnen, Diana Blefari, beging im Oktober 2009 Selbstmord, kurz nachdem sie vom 41bis deklassiert worden war). Dies ist ein Präzedenzfall, der trotz der Mobilisierungen noch nicht gebrochen wurde.

In diesen ersten Stunden des Zorns müssen wir uns mit zwei Themen befassen:
Einerseits nehmen wir den persönlichen, physischen Angriff auf einen anarchistischen Gefährten zur Kenntnis, der in diesen zehn Jahren nie den Kopf gesenkt hat: ein Gefährte, der sich dazu bekannt hat, dem Vorstandsvorsitzenden von Ansaldo Nucleare, Herrn Adinolfi, direkt in die Beine geschossen zu haben. Die Tatsache, dass Alfredo nicht isoliert und sein revolutionärer Beitrag nicht zum Schweigen gebracht werden konnte, war den Ermittlern ein Dorn im Auge. Dies hat in den letzten Jahren zu weiteren restriktiven Maßnahmen gegen ihn geführt, wie der Zensur der Korrespondenz und dem Erlass eines Haftbefehls im Gefängnis im Rahmen der Operation „Sibilla“ am 11. November 2021, mit der die Repressionskräfte versuchten, eine Zeitung und Publikationen, die im Laufe der Jahre Artikel und Beiträge des Gefährten veröffentlicht hatten, aus dem Verkehr zu ziehen. Wir müssen Alfredo die Solidarität einer Bewegung spüren lassen, die sich nicht zähmen lässt, die ihn nicht vergessen hat, die ihn nicht allein lässt; wir müssen dafür sorgen, dass diese Solidarität die Verbote durchbricht und die Isolation durchbricht.

Andererseits sehen wir in dieser Tatsache einen Präzedenzfall gegen die gesamte anarchistische Bewegung. Wir brauchen eine wirksame internationale Mobilisierung, die den italienischen Staat den Preis für diese x-te Entscheidung zahlen lässt. Mit anderen Worten: So einen Präzedenzfall darf es nicht geben.

Anarchist zu sein ist schwierig, aber es ist uns egal, ob dies als Verbrechen angesehen wird oder nicht. Diejenigen, die hungern, ausbeuten, Bomben auf die Bevölkerung werfen, sind dieselben Männer und Frauen, die dafür sorgen, dass der Anarchismus in die Schemata des Gesetzes gezwungen wird, seine Spannungen unterdrückt und die Möglichkeit konkreter Aktionen unterdrückt. Dieses Haftregime ist auch eine Warnung an all jene, die schon immer geglaubt haben, dass es keine „Freiheiten“ gibt, die von den Herren und Herrschern gewährt werden. Es ist eine Botschaft an jene, die durch die Kombination von Denken und Handeln den Staat und das Kapital zerstören wollen.

Wir brauchen eine Mobilisierung, die in der Lage ist, einen Gegenangriff zu starten. Wir können und wollen die politische und persönliche Verantwortung von der Ministerin Marta Cartabia nicht verschweigen. Die Juristin scheint mit ihrer Maßnahme dem für den 25. Mai anberaumten Urteil des Kassationsgerichtshofs im Prozess Scripta Manent um zwanzig Tage zuvorzukommen. In diesem Prozess wurde Alfredo in der Berufung zu zwanzig Jahren Haft wegen subversiver Vereinigung zu terroristischen Zwecken und Massaker zu terroristischen Zwecken verurteilt (zu denen noch die neuneinhalb Jahre des bereits erwähnten Prozesses gegen Adinolfi hinzukommen). In Italien ist der Straftatbestand des „Massenmords“auch ohne Tote und Verletzte vorgesehen, da die Möglichkeit eines Sprengstoffanschlags besteht. Das Verbrechen des Massenmordes könnte der Schlüssel zur 41bis-Klausel gegen Alfredo gewesen sein. Das gleiche Verbrechen des Massenmords wird im Scripta-Manent-Prozess auch noch der Anarchistin Anna Beniamino und in einem anderen Prozess dem Anarchisten Juan Sorroche zur Last gelegt. Dies zeigt, dass der Präzedenzfall bereits potenzielle Folgen für andere Gefährt:innen hat.

Die Ministerin Cartabia wird von den progressiven Gruppen, die die Kampagne für ein weibliches Staatsoberhaupt in Italien ins Leben gerufen haben, nachdrücklich als Präsidentin der Republik in Pectore unterstützt. Es sei daran erinnert, dass in Italien der Präsident der Republik auch die Funktion des obersten Richters wahrnimmt und den Vorsitz im Obersten Richterrat (CSM) führt. Wir werden uns nicht über den Missbrauch und die Verstöße gegen das Gesetz durch die Bürokraten, die es verwalten, beschweren, aber wir können nicht umhin, zu beobachten, wie Ministerin Cartabia sich bewusst dafür entschieden hat, ihr ganzes politisches Gewicht – als Juristin, als Ministerin, als mögliche künftige Justizoberhaupt – mit einer Bestimmung durchzusetzen, die neben anderen Ungerechtigkeiten auch die Beeinträchtigung der möglichen endgültigen Verurteilung von Alfredo und den anderen Angeklagten beinhaltet. Aus all diesen Gründen können wir nicht eine Minute warten. Wir rufen daher zu einer internationalen Mobilisierung im Zeichen einer revolutionären Kontinuität auf, die ihren Aktionsradius immer weiter ausdehnt.

Gegen den 41bis, lasst uns die Isolation durchbrechen!

Wenn ihr versucht, uns zum Schweigen zu bringen, werden wir euch die Hand abbeißen!

Gegen die Zensur halten wir an der anarchistischen Propaganda fest!

Revolutionäre Solidarität mit dem Anarchisten Alfredo Cospito!

Anarchisten


Übernommen von de.indymedia.org