Archiv der Kategorie: Anarchistische Gefangene

[Bristol, UK] Der anarchistische Gefangene Toby Shone steht vor einer Schwerkriminalitätsbekämpfungs-Verfügung

Das wäre die legale Grundlage, um ihn und alle in seinem Umfeld noch Jahre nach seiner Entlassung zu kriminalisieren und mit allen Mitteln zu überwachen.

Selbst wenn die Bullen ihren Terrorismus-Vorwurf gegen Toby Shone auch nach vier Jahren der Ermittlung nicht erhärten konnten, steht er heute vor einer „Serious Crime Prevention Order“, die die Kriminalisierung und totale Überwachung von ihm und allen um ihn herum auf Jahre nach seiner Entlassung erlauben würde.

Im November 2020 fand eine Reihe koordinierter Razzien gegen die mutmaßlichen Administrator*innen der Webseite 325.nostate.net statt, die von Anti-Terroreinheiten der Polizei im UK als Teil der „Operation Adream“ durchgeführt wurden. Mehrere Anwesen im Südwesten Englands wurden durchsucht und eine Person, Toby Shone wurde mit gezogenen Waffen im Wald von Dean verhaftet und nach dem Terrorismus-Gesetz angeklagt. Das war das Erste Mal, dass der Britische Staat versuchte, einen Anarchisten mithilfe der modernen Antiterrror-Gesetzgebung zu verfolgen und das erste Mal, dass jemand dafür verurteilt wurde, für das Betreiben einer anarchistischen Webseite verdächtigt zu sein.

Ursprünglich wurde Toby angeklagt, einen Dienst betrieben zu haben, der anderen den Zugang zu Terroristischen Publikationen ermöglicht haben soll, Gelder für terroristische Zwecke gesammelt zu haben, sowie des zweifachen Besitzes von Informationen die vermutlich für Terroristen nützlich wären. Er plädierte auf unschuldig, die Bullen waren nicht in der Lage irgendeinen Beweis vorzubringen und die Strafverfolgungsbehörden waren gezwungen, diese Anklage am 1. Oktober 2021 fallen zu lassen. Am Ende wurde Toby Shone am 13. Oktober 2021 wegen 8 Rauschmitteldelikten zu 3 Jahren und 9 Monaten Gefängnis verurteilt. Bei den „Drogen“ handelte es sich um Psychedelika und medizinische Pflanzen, die in zwei der vier im November 2020 gerazzten Anwesen gefunden worden waren, allesamt in Gemienschaftsräumen. Er saß 8 Monate seiner Strafe in Untersuchungshaft im HMP Wandsworth ab und wird derzeit im HMP Bristol gefangen gehalten. Er soll irgendwann zwischen August und Dezember 2022 entlassen werden.

Allerdings setzen der leitende Ermittler Sion Margrie und die Musterknaben-Staatsanwälte Dan Porson-Pounds und Thomes Coke-Smythe ihre Verfolgung von Toby fort, indem sie eine Verfügung beantragen, die seine alltäglichen Bewegungen, seinen Kontakt mit anderen, seine Wohnung, seine Finanzen, Geräte, usw. kontrollieren und überwachen würde. Sie erfordert auch, dass den Cops genaue Informationen über all seine Freund*innen, Kontakte, Geliebte, Bekanntschaften und Geschäftskunden gegeben werden. Sein Bankkonto und Zugang zu Telefon, Internet und Speichermedien würden überwacht und er dürfte die von anderen nicht benutzen. Er wäre nicht in der Lage, Verschlüsselungstechnologie zu nutzen und dürfte nur 50 Pfund Bargeld besitzen, was ihn dazu zwingen soll, bargeldlos zu leben, um seine finanziellen Fußspuren besser verfolgen zu können. Wenn er irgendwo überachten würde, müsste er den Cops mitteilen, wo, wann und mit wem und warum. Wenn jemand zu Besuch käme, müsste er ebenfalls angeben, wer, wann und warum. Alle Arbeitsmöglichkeiten, wie viel er verdient und wen er trifft, müsste er ebenfalls berichten. Im Grunde würde ihn diese Verfügung unter eine Form des Hausarrest stellen und ihn zwingen, Komplize bei seiner eigenen Überwachung und der seiner Freund*innen zu sein.

Serious Crime Prevention 0rders (dt. etwa Schwerkriminalitätsbekämpfungs-Verfügungen) werden oft als „geheime Aburteilungen“ genutzt, wenn die Bullen beim ersten Mal scheitern. Die Verfügung würde mindestens Fünf Jahre nach seiner Entlassung andauern und kann nach dieser Zeit verlängert werden. Toby würden fünf weitere Jahre Knast drohen, wenn er gegen sie verstoßen würde, wovon die Bullen natürlich verzweifelt hoffen, dass das passieren würde. Die Verfügung ist dazu gedacht, gebrochen zu werden, da die Bedingungen und Einschränkungen so wahnsinnig sind und so zahlreich, dass es unmöglich ist, nicht irgendwann gegen sie zu verstoßen. Wenn seine Freund*innen sich weigern, zu kollaborieren, können auch sie juristisch verfolgt werden und eine Gefängnisstrafe von bis zu 12 Monaten wegen Behinderung erhalten.

Die Bullen argumentieren, dass diese Kontroll-Verfügung erforderlich sei, wegen Tobys alternativem Lebensstil und seinen Ansichten. Eine Lebensweise mit einer Serious Crime Prevention Order (SCPO) zu kriminalisieren ist nicht nur unverschämt, sondern auch ein sehr gefährlicher Präzedenzfall. Ein weiterer gefährlicher Präzedenzfall ist eine SCPO gegen Aktivist*innen. Es ist offensichtlich, dass diese Verfügung nichts mit den Drogenvorwürfen zu tun hat, für die Toby verurteilt wurde, und für die er gerade mehr als genug Zeit absitzt. Stattdessen basiert diese Verfügung auf den Terrorismusvorwürfen, die die Cops nicht beweisen konnten. Es geht um Tobys Angehörigkeit in der Anarchistischen Bewegung.

Wie aus der neuen Polizeigesetzgebung hervorgeht, die vom autoritären britischen Regime, insbesondere unter seiner Innenministerin Priti Patel, durchgesetzt wird, betrifft diese Kontrollverordnung nicht nurToby. Es geht nicht einmal nur um die staatliche Unterdrückung von anarchistischen Gegeninformationsinitiativen. Es geht darum, einen Präzedenzfall zu schaffen, um jegliche Form von Protest mit einem drakonischen Überwachungsinstrument zu ersticken und
Menschen dazu zu zwingen, sich zum Komplizen ihrer eigenen Unterdrückung und Überwachung und der ihres sozialen Umfelds zu machen. Die Anordnung gegen Toby ähnelt in Begründung und Inhalt der vorgeschlagenen (*und kürzlich besiegten) Serious Disruption Prevention Order, die Teil der neuen und umstrittenen Policing Bill ist. Dieser Gesetzentwurf würde eine Person dazu verpflichten, ihre Partner und ihre Bewegungen bei der Polizei zu registrieren, für kein geringeres Verbrechen, als dass sie als tatsächliche oder potenzielle Dissidenten identifiziert wurden.
Indem das Vereinigte Königreich die Grenzen der Unterdrückung von Aktivisten, Anarchisten und Dissidenten verschiebt, gleitet es in eine kaum noch verborgene Diktatur ab.

Die Anhörung für die SCPO gegen Toby findet am 22. Februar 2022 vor dem Bristol Crown Court statt. Zeigt eure Solidarität mit Toby um 9 Uhr vor dem Gericht. Zeigt eure Solidarität mit ihm und anderen anarchistischen Gefangenen, wo, wann und wie auch immer ihr könnt. Wir brauchen eure Stimmen und guten Schwingungen gegen diese anhaltende politische Verfolgung von Toby Shone.


Weitere Informationen zu Tobys Fall findest du unter:
https://darknights.noblogs.org/post/tag/toby-shone/. Bitte übersetzt diesen Text und verbreitet ihn in euren eigenen Kreisen und Veröffentlichungen.


Ihr könnt Toby an diese Adresse schreiben. Vergesst nicht, eine Absenderadresse auf die Rückseite des Umschlags zu schreiben, da die Briefe sonst nicht ankommen.

Toby Shone
A7645EP
HMP Bristol
19 Cambridge Road
Bishopston
Bristol
BS7 8PS
UK

[Schweiz] Zur Situation unserer Inhaftierung

Am 9. Januar kam es zu einer Festnahme von Elany und mir wie auch von Gefährt*innen auf Indymedia berichtet wurde. Während ich inzwischen wieder auf freiem Fuß bin sitzt Elany weiterhin in Untersuchungshaft. Bei der Anschuldigung handelt es sich um dringenden Verdacht auf gemeingefährliche Sabotage und Brandstiftung. Beweise wurden mir keine vorgelegt und die meisten Fragen die sie mir stellten waren über Elany. Ich bin doch nur „ein bemitleidenswertes kränkliches Gefolge das an eine falsche Person geraten ist” wie mir ein Bulle bei einem Verhör gesagt hat.

Elany und ich kennen uns noch nicht lange aber ich weiß über ihre Sorge über Snitches und sensationsgeile journalistische Aasgeier die sich auf alles stürzen und das Umfeld bedrängen und gefährden. Deswegen hab ich mich erst einmal mit ihrem Freundeskreis beraten welche Informationen ich öffentlich teilen kann. Den Ort der Inhaftierung werde ich daher nicht öffentlich nennen. Besuche sind nicht möglich und selbst ein Anruf ist mir nicht erlaubt. Ich werde über unseren Anwalt erst in Erfahrung bringen müssen ob wenigstens Post empfangen werden kann. Wenn ich darüber Klarheit habe teile ich die Adresse mit ihrem Freundeskreis. Gemeinsame Freund*innen und Gefährt*innen aus Deutschland können sich dann bei M. von Schwarzer Pfeil melden. Da ich weiß das die beiden sich auch persönlich kennen vertraue ich they die Adresse an und wem diese weitergegeben wird. Mir wurden auch mehrere Kontakte zugespielt von Menschen hier aus der Schweiz die Unterstützung anbieten. Wenn weitere Hilfe dringend benötigt wird werde ich die Kontakte durchgehen.

Da ich nun auch weiß das Elany es etwas stört wenn einzelne Gefangene einen Märtyrerstatus bekommen und die ganze Aufmerksamkeit auf sich ziehen während viele weitere Gefangene innerhalb der Mauern leiden, bitte ich sich solidarisch zeigende Menschen darum diese Solidarität auszuweiten. Keine Knastdemos und andere Aktionen an einem bestimmten Ort weil eine bestimmte Person gefangen ist sondern Aktionen an allen Orten weil Gefängnisse überhaupt existieren. Das würde ihr Herz viel mehr zu einem Lächeln verhelfen. Niemand ist frei solange es nicht alle sind.

Abschließend ein herzliches Danke für den Support. Wenn ich mehr über Elany weiß teile ich die Infos sofort. Jetzt klären wir ab ob wir ihr schreiben können.

PS: Ich hab keine Einsicht auf die verbundene Email und Twitter Account. Das hat Elany immer gemacht. Es wurde eine Email für ihren Fall eingerichtet unter freeelany@riseup.net


Übernommen von Feral Fire.

[Schweiz] Zwei Gefährt*innen in U-Haft

Zwei unserer FreundX und Gefährtx sitzen in der Schweiz in U-haft

Zwei unserer FreundX und Gefährtx, eine von ihnen Elany, die kürzlich mit „Schwarze Saat“ den ersten deutschsprachigen Sammelband zu schwarzen und indigenen Anarchismus veröffentlichte, sitzen in der Schweiz in U-haft. Elany ist ebenfalls teil des zusammenschlusses FERAL FIRE und publiziert dort Übersetzungen so wie eigene Texte.

Die Infos die wir haben sind bisher sehr mau, aber wir möchten sie euch nicht vorenthalten.

Ein Anwalt ist bereits an der Sache dran und kämpft zunächst darum, [eine der beiden Gefährt*innen] zu befreien.

Bei ihr bestehe medizinische Notwendigkeit aufgrund von Behinderungen/Erkrankungen und auch keine Fluchtgefahr.

Bei El selbst wird es allerdings schwieriger.

Wir wissen bisher nicht was den beiden vorgeworfen wird.
Wenn wir weitere infos haben werden wir diese weiter geben.

Wir sind in gedanken bei euch.

Ihr seit für uns drin, also sind wir für euch draußen.

Solidarität lebt auf der Straße.

Freundx und Gefährtx von den 2 Entführten.


Übernommen von de.indymedia.org, stellenweise verändert.

Freiheit für Claudio Lavazza!

Das Gefängnis ist eine der wesentlichen Säulen der Gesellschaft. Das Gefängnis dient entgegen der Rhetorik demokratischer Regierungen, die uns das einreden wollen, nicht der Umerziehung und Reintegration. Stattdessen verfolgt das Gefängnis die Bestrafung, Unschädlichmachung und Eliminierung derjenigen, die in seinen Mauern eingeschlossen sind – das heißt derjenigen, die für das Funktionieren der Gesellschaft und seiner Wirtschaft nutzlos oder hinderlich sind. Das Inhaftierungssystem des französischen Staates, der seit der Revolution die Parole „Liberté, Egalité Fraternité“ [dt. „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“] geprägt hat, ist da keine Ausnahme. Obwohl die Todesstrafe 1981 abgeschafft wurde, wurde die Guillotine doch nur durch den Willen, auf eine „sauberere“ Art und Weise zu töten, nämlich durch das langsame und monotone Verstreichen der Haftzeit, ersetzt.

Unter den vielen Leben, die sich im eiserenen Griff der demokratischen Gesetze gefangen finden, ist auch das des Anarchisten Claudio Lavazza.

In den 70ern war er Teil einer der vielen bewaffneten Gruppen in Italien, die versuchten, den Horizont des revolutionären Traums zu erstürmen, indem sie an Enteignungen, bewaffneten Angriffen und Gefängnisausbrüchen mitwirkten, um diejenigen zu befreien, die im Netz der Repression gefangen waren. Erst wählte Claudio ein Leben im Untergrund, wurde dann jedoch zur Flucht gezwungen und beging weiterhin Banküberfälle, um subversive Bewegungen in ganz Europa finanziell zu unterstützen. Nach einer Schießerei bei einem schief gelaufenen Bankraub wurde er 1996 in Spanien festgenommen und zu 25 Jahren Knast verurteilt, die er abgesessen hat – acht Jahre davon verbrachte er in einer speziellen Isolationsabteilung. 2021 wurde er nach Frankreich ausgeliefert, wo ihn 10 weitere Jahre erwarteten. Obwohl die europäische Gesetzgebung vorsieht, dass seine Haftstrafe in Frankreich zusammen mit der Zeit, die er in Spanien abgesessen hatte, ebenfalls abgesessen sei, verweigert ihm die Hexagon-Regierung durch ihre Schergen in Gerichtsroben seine Freilassung, indem sie die Gefängnistüren mit bürokratischen Hindernissen und juristischen Formsachen verriegelt.

Der französische Staat rächt sich an Claudio dafür, dass er an einem der größten Bankraube der Bank von Frankreich im Jahre 1986 beteiligt gewesen sein soll, aber vor allem dafür, dass er sich nicht von seinem bewaffneten Kampf gegen alle Staaten und etablierten Autoritäten distanziert.

Die Befreiung von Claudio Lavazza, der heute beinahe 70 Jahre alt ist, geht alle Liebhaber*innen der Freiheit etwas an. Ihn aus den Fängen des französischen Justizsystems zu befreien, das seine eigenen Gesetze missachtet, in dem absichtlichen Versuch, ihn langsam zu töten, ist die Aufgabe aller, die leidenschaftlich für eine Welt frei von den Ketten der Gefängnisse und der Autorität kämpfen.

Auf zur Tat!

Damit sich die Gefängnistüren für Claudio umgehend öffnen!

Anarchist*innen.

Download als Plakat (PDF)


Dieser Text ist die Übersetzung eines unter anderem bei Act for Freedom Now! veröffentlichten Plakats, das ab dem 7. Januar 2022 zu einer Welle der Solidarität mit Claudio Lavazza aufruft.

[Bristol, UK] Toby Shone erklärt seinen Fall aus den Kerkern des Gefängnisses von Bristol

Hallo, mein Name ist Toby Shone. Ich bin Anarchist und derzeit im Gefängnis von Bristol inhaftiert, nachdem ich von einer Antiterroreinheit mit vorgehaltener Waffe im Rahmen der Operation Adream im UK gekidnapt wurde. Die Repression zielte auf das (in Worten und Taten) anarchistische 325 Kollektiv und die Webseite 325.nostate.net (die aufgrund einer Serverbeschlagnahme seitdem nicht mehr erreichbar ist; Anm. d. Übers.) ab. Die Operation Adream ist ein gemeinsamer Angriff des Britischen Staates und weiteren Europäischen Partnerstaaten gegen anarchistische Aktionsgruppen, Gegeninformationsprojekte, Gefangenensolidaritätsinitiativen und die neue anarchistische Kritik an der technologischen Singularität und der Vierten und Fünften Industriellen Revolution. Die Operation Andream ist die erste, bei der die Antiterrorgesetze des UK gegen die hiesige anarchistische Bewegung eingesetzt werden.

Ich wurde vom Regime am 18. November 2020 als Geisel genommen; durch ein mit Strumgewehren bewaffnetesTeam der Cops, nach einer Jagd durch den abgelegenen Forst von Dean, der sich an der Grenze zu South Wales befindet, eine Stunde in nördlicher Richtung von Bristol entfernt. Zeitgleich fanden koordinierte Razzien an fünf Adressen im Forst von Dean gegen kollektive Hausprojekte, Treffpunkte und einen Lagerraum statt. Ich wurde von bewaffneten Bullen auf eine nahegelegene Polizeiwache gebracht, wo ich in Isolation gesteckt wurde und viele viele Male verhört wurde. Ich weigerte mich während der Verhöre zu sprechen und ich habe mit den Mördern in Uniform nicht kooperiert.

Mir wurden vier Akte des Terrorismus vorgeworfen. Einer davon fiel unter Paragraph 2, die Verbreitung terroristischer Publikationen als ein verdächtigter Administrator von 325.nostate.net. Zwei fielen unter Paragraph 58, den Besitz von Informationen, die den Zwecken des Terrorismus dienlich sind. Dabei handelt es sich um zwei Videos. Eines zeigt, wie sich ein Sprengsatz improvisieren lässt. Und das andere demonstriert, wie ein Mobilfunkmast abgefackelt werden kann. Ich wurde außerdem beschuldigt, nach Paragraph 15 den Terrorismus finanziert zu haben, was mit den Cryptowährungskonten, die auf der 325.nostate.net Webseite angegeben waren und die der Unterstützung anarchistischer Gefangener und Publikationen dienten. Ich habe all diese Vorwürfe bestritten.

Ich wurde während der Verhöre auch der Mitgliedschaft in der FAI/IRF, der Informellen Anarchistischen Föderation/Internationale Revolutionäre Front, bezichtigt. Ich wurde angeklagt, fünf Dokumente verfasst zu haben und zahlreiche Aktionen in der Region von Bristol durchgeführt zu haben, zu denen sich die Zellen der FAI bekannten, ebenso wie diejenigen, zu denen sich Earth- und Animal-Liberation Fronts bekannt haben. Das umfasste unter anderem einen Brandanschlag gegen die Polizeiwache, das Abfackeln eines Mobilfunkmasts und die Befreiung von Tieren.

Bristol ist eine Region des UK, in der es während der letzten beiden Dekaden zahllose anarchistische Sabotageakte und Direkte Aktionen gegeben hat, die von der Polizei nicht aufgeklärt werden konnten, obwohl millionenschwere Ermitlungen angestellt wurden und gemeinsam mit der Presse regelrechte Hexenjagden gegen Anarchist*innen in der Stadt veranstaltet wurden.

Aus den kollektiven Räumen und Treffpunkten, die im Zuge der Operation Adream gerazzt wurden, beschlagnahmten die Cops hunderte Exemplare des 325-Magazins #12, sowie dutzende anarchistische Broschüren, Bücher, Sticker, Plakate und Flyer, Laptops, Mobiltelefone, Drucker, Festplatten, Kameras, Jammer, GPS-Einheiten, Rauch-, Knall- und Blitz-Täuschkörper, Nachbildungen von Feuerwaffen und Bargeld. Das gegen mich erhobene Beweismaterial umfasste zahlreiche anarchistische Publikationen, darunter das 325-Magazin #12, das sich um die vierte und fünfte Industrielle Revolution dreht, das Pamphlet „Incendiary Dialogues“ von Gustavo Rodríguez, Gabriel Pombo da Silva und Alfredo Cospito, das von Black International Editions veröffentlicht wurde. Außerdem den Text „Was ist Anarchismus“ von Alfredo Bonnano, den Dark Nights Newsletter, das kleine Büchlein „Anarchy, civil or subversive?“ von 325 und Dark Matter publications, einen Flyer in Solidarität mit den anarchistischen Gefangenen Alfredo Cospito und Nicola Gai, einen Flyer gegen Covid-19-Lockdowns namens „Face the fear, fight the future“, sowie viele andere Texte und Publikationen in Solidarität mit anarchistischen Gefangenen und Revolutionären Organisationen wie den CCF (Conspiracy of Cells of Fire).

Ich wurde in das Gefängnis von Wandsworh in London überstellt, nachdem ich dem Westminster Magistrates Gericht vorgeführt worden war und dort unter anti-terror Bedingungen gefangen gehalten. Zehn Tage lang wurde mir verweigert zu telefonieren und für meine Briefe galt eine ähnliche Restriktion. Sechs Wochen lang verweigerte man mir den Kontakt zu einem Anwalt. 23,5 Stunden Isolationshaft, manchmal sogar 48 Stunden ohne Möglichkeit meine Zelle zu verlassen, außer um mir etwas zu essen zu holen. Die ersten drei Wochen ohne Hofgang und dann bloß einmal alle vierzehn Tage für 35 Minuten. Kein Fitnessraum, keine Bibliothek, keine Bildung, keine Aktivitäten. Ich wurde in einer Kerkerähnlichen Zelle nur mit künstlichem Licht gefangen gehalten und war ohrenbetäubend lautem Baulärm ausgesetzt, als ich in die Antiterroreinheit verlegt wurde, neben der ein neuer Gefängnistrakt gebaut wurde. Meine Briefe, Telefonate und Treffen wurden alle routinemäßig überwacht und mein Zugang zu Anwälten, Post und Büchern konstant blockiert. Viele Monate lang bekam ich die vollständige Anklage gegen mich nicht zu Gesicht.

Die Operation Adream ist eine Konstruktion, die seperate, nicht miteinander verbundene Elemente miteinander in Verbindung bringt, wie es für repressive Operationen in Südeuropa typisch ist. Diese Strategie wird nun auch von der britischen Polizei angewandt. Die Operation Adream versucht die Conspiracy of Cells of Fire als eine Nachfolgeorganisation der bewaffneten Marxistisch-Leninistischen revolutionären Organisation 17. November darzustellen. Das ist eine wichtige Konstruktion für die Repression, weil die Gruppe 17. November im UK verboten ist. Im wesentlichen versucht die Operation Adream die ganze Bandbreite anarchistischer Gruppen, Publikationsprojekte und Gefangenensolidaritätsprojekten als eine Reihe organisatorischer Knotenpunkte für die Ausübung und Verherrlichung von Terrorismus darzustellen.

Der Fall wurde von dem Leiter der Staatsanwaltschaft Max Hill QC geleitet. Die Ermittlungen enthüllten schließlich die Beteiligung niederländischer und deutscher Bullen, die verborgene Hand des Geheimdienstes und eine internationale Dimension der Operation basierend auf vorangegangenen Wellen der Repression in Spanien, Italien und Griechenland. Während meiner Verhöre wurde mir beispielsweise eine vorgefertigte, schriftliche Liste an Fragen gestellt, deren Sinn nichteinmal die Beamten zu verstehen schienen, was zeigt, dass die gesamte Operation ein Vorwand war, um einen politischen Zweck zu erreichen. Dazu kann ich nur den ermordeten Anarchisten Bartholomew Vanzetti zitieren, der bemerkte, „Je höher sie sind, desto größere Trottel sind sie.“ Es ist gewiss angebracht, dass ich am 6. Oktober 2021 von dem Bristol Crown Court für nicht schuldig befunden wurde. Nichtsdestotrotz wurde ich für den Besitz und den Handel mit Betäubungsmitteln der Klasse A und B verurteilt: den psychodelischen Substanzen LSD, DMT, Psilocybin, MDMA und Marijuana, da diese alle in den kollektiven Räumen beschlagnahmt worden waren. Ich wurde zu drei Jahren und neun Monaten verurteilt.

Ich kämpfe außerdem gegen eine Serious Organised Crime Prevention Order, die von der Antiterroreinheit und der Staatsanwaltschaft gefordert wird. Diese Anordnung würde mich für bis zu fünf Jahre unter eine Form von Hausarrest stellen, nachdem ich entlassen werde und wenn ich gegen diesen Hausarrest verstoßen würde, müsste ich mit einer Haftstrafe von bis zu fünf Jahren rechnen. Die Anordnung würde meine täglichen Bewegungen kontrollieren und überwachen, meinen Kontakt zu anderen, meinen Aufenthaltsort, die Verwendung von Geld, Geräten, internationalen Reisen, usw. Sie erfordert, dass den Cops präzise Informationen über all meine Freund*innen, Kontakte und Geliebte gegeben würden und ist schlicht ein Mittel meine Freundschaften und Lebensumgebungen zu überwachen und zu kriminalisieren. Mein Verfahren darüber, das nicht vor dem 15, Januar stattfinden wird und die Ermittlungen gegen mich, gehen ebenso weiter wie die Operation Adream, die gegen das 325-Kollektiv gerichtet ist.

Ich will allen danken, die mich unterstützt haben. Mein Herz ist offen und entschlossen und ich bin Entschlossen. Ich schicke euch allen eine feste Umarmung und ein Lächeln.

Toby Shone A7645EP
HMP Bristol
19 Cambridge Road
Bishopston
Bristol
BS7 8PS
UK

Übernommen von Act For Freedom Now!

[Chile] Verantwortung übernehmen. Auszug aus der Erklärung des anarchistischen Gefangenen Francisco Solar

Auszug aus der gerichtlichen Erklärung des anarchistischen Genossen Francisco Solar, in der er die Verantwortung für die Versendung von Sprengstoffpaketen an das 54. Polizeirevier und gegen den ehemaligen Innenminister Rodrigo Hinzpeter im Juli 2019 übernimmt, eine Aktion, für die sich „Cómplices sediciosos/Fracción por la Venganza“ verantwortlich machte, sowie für den Doppelanschlag auf das Tánica-Gebäude am 27. Februar 2020, mitten in der Revolte, eine Aktion, für die sich „Afinidades Armadas en Revuelta“ verantwortlich machen.

(…) Im November 2017 hatten wir die Idee, aus den großen Städten, vor allem aus Santiago, wegzuziehen, weil dort das Leben so hektisch ist, und ein Projekt zu gründen, das selbsttragend ist. Obwohl ich mich für diese Lebensweise entschieden hatte, habe ich nie aufgehört zu denken, dass der Kampf gegen ein übermächtiges System, das auf Autorität und Ausbeutung beruht, am besten durch gewaltsame revolutionäre Aktionen geführt werden kann. Nur so ist es möglich, Momente der Destabilisierung zu erreichen, die, auch wenn sie flüchtig sind, die Verwundbarkeit der Macht offenbaren.

Mitte 2018 beschloss ich, diese Art von Aktionen zu starten (…) Nachdem ich diese Entscheidung getroffen hatte, begann ich, über ein Ziel nachzudenken, denn mir war klar, dass die Aktion, die ich durchführen wollte, schlagkräftig sein musste, wenn ich ein großes Risiko eingehen wollte. Ich dachte an eine Aktion als Antwort, als Rache gegen Personen, die mit der Repression und der Macht der Unternehmen verbunden sind. Beides wurde von Rodrigo Hinzpeter voll erfüllt, der 2019 Manager der Quiñenco-Gruppe war, deren Präsident Andronico Luksc ist, und davor war Hinzpeter Innenminister in der ersten Piñera-Regierung und hinterließ eine Spur der Repression, die schwer zu vergessen sein wird. Er unterdrückte soziale und studentische Mobilisierungen mit aller Härte und versuchte, ein von Verboten aller Art geprägtes Gesetz, das so genannte Hinzpeter-Gesetz, durchzusetzen. Als Innenminister war er politisch verantwortlich für die Ermordung des jungen Manuel Gutiérrez, er unterdrückte die sozialen Mobilisierungen in Aysén und Freirina mit aller Härte, er militarisierte das Mapuche-Gebiet, was Hunderte von Verletzten, darunter viele Kinder, und unzählige Gefangene zur Folge hatte.

Im August 2010 waren wir zusammen mit dreizehn anderen Personen den repressiven Wahnvorstellungen von Hinzpeter ausgesetzt, der in seinem Bestreben, den Bombenanschlägen, die sich seit 2005 vor allem im Ostteil der Hauptstadt ereignet hatten, ein Ende zu setzen, uns inhaftierte, indem er Beweise erfand und Gefangene anstellte, die bereit waren, die These der Staatsanwaltschaft zu bestätigen, die von der Existenz einer illegalen terroristischen Vereinigung sprach.

Aus diesen Gründen beschloss ich, Hinzpeter anzugreifen, da ich fand, dass er ein völlig legitimes Ziel darstellte. Ich begann, Hinzpeter zu untersuchen (…) ich ging zum Itaú-Gebäude, um die Menschenströme zu beobachten, die Leute, die dort ein- und ausgingen; ich versuchte, in den 14. Stock zu gelangen, wo sich die Büros der Quiñenco-Gruppe befanden, was mir wegen der strengen Kontrollen am Eingang nicht möglich war (…) also hielt ich es für das Beste, ein an das Büro von Rodrigo Hinzpeter adressiertes Sprengstoffpaket zu schicken, um sicherzugehen, dass er derjenige war, der das Paket öffnete.

An dieser Stelle ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass wahllose Angriffe noch nie Teil der anarchistischen Praxis waren, unsere Ziele sind klar definiert und richten sich gegen die Verantwortlichen für Unterdrückung und Repression. Da ich vorhatte, eine größere Aktion durchzuführen (…), beschloss ich, Dynamit zu verwenden.

Im Jahr 2018 und Anfang 2019 war der Kontext von Polizeigewalt gegen Schülerinnen geprägt, die gegen das Gesetz zum sicheren Klassenzimmer (Ley Aula Segura) und andere Forderungen demonstrierten. Immer wieder waren Bilder von Carabineros zu sehen, die Schülerinnen verprügelten, die ihnen in die Quere kamen, und sie sogar aus ihren Klassenzimmern holten, um sie auf die Polizeiwache zu bringen. Es ist wichtig festzuhalten, dass dieser Kampf gegen das Gesetz über sichere Klassenzimmer der direkte Vorläufer des Aufrufs zum Ausweichen war, den die Schüler*innen angesichts der Erhöhung der U-Bahn-Preise machten, die der Auslöser für den Aufstand war, der am 18. Oktober begann.

Ohne die Beharrlichkeit der Schüler*innen wäre vielleicht nichts von dem passiert, was nach diesem Datum geschah, und so beschloss ich, auf diese Polizeibrutalität zu reagieren, indem ich die Carabineros auf ihrem eigenen Gelände angriff; meine Idee war, sie als Institution anzugreifen, für das, was sie repräsentieren, für ihre Geschichte von Blut, Folter und Tod. Ich beschloss, die 54. Polizeiwache in Huechuraba anzugreifen, um mich für den Mord an meiner Gefährtin Claudia López im September 1998 zu rächen.

Obwohl mir klar ist, dass die Beamten, die 2019 in diesem Polizeirevier arbeiteten, nicht dieselben waren, die die Gefährtin ermordeten, diente dieser Ort damals als Einsatzort und tut dies auch heute noch an jedem Tag des Protests. Damit wollte ich ein Zeichen der Resonanz setzen, dass niemand und nichts vergessen ist.

Meine Absicht war es, nur einen Polizisten zu verletzen, den ranghöchsten, und das war Major Manuel Guzmán. Wenn ich also nur einen Polizisten verletzen wollte, durfte der Sprengstoff nicht sehr stark sein, also habe ich Schwarzpulver in einem Stahlnippel verwendet.

(….)

Die Absicht dieser Aktion, auf die Aggressionen sowohl der Carabineros als auch eines ehemaligen Innenministers, der für seine repressive Art bekannt ist und heute einen Wirtschaftskonzern leitet, dem praktisch ganz Chile gehört, zu reagieren, wurde vollständig erfüllt.

(…)

Bezüglich der so genannten Tat 2 (Tánica) kann ich zur Kontextualisierung darauf hinweisen. Der Aufstand, der am 18. Oktober 2019 begann, war in den letzten Monaten des Jahres 2019 und Anfang 2020 immer noch lebendig, viele Proteste fanden Tag für Tag statt, trotz der starken Unterdrückung durch die Polizei. Der März zeichnete sich als ein Schlüsselmonat ab, in dem viele Dinge passieren konnten, einschließlich des Rücktritts von Piñera, und in diesem Zusammenhang beschloss ich, mit der Platzierung von zwei Sprengsätzen zu diesem Aufstand beizutragen.

Der östliche Teil der Hauptstadt war Ziel einiger Demonstrationen, die die Ablehnung der dort lebenden Menschen hervorriefen, da sie befürchteten, bedroht zu werden und sogar ihre Privilegien zu verlieren. Es war zu beobachten, wie Menschen, die in La Dehesa friedlich demonstrierten, beleidigt und sogar angegriffen wurden, und wie die Armee und die Polizei diese Viertel in einer eindeutigen Komplizenschaft zwischen der repressiven Gewalt und der wohlhabenden Klasse schützten. Deshalb beschloss ich, diese Gemeinden zu treffen, aber speziell ein Viertel in ihnen, das Viertel Santa María de Manquehue, wo die Zeitung El Mercurio, historisches Sprachrohr der konservativsten Sektoren dieses Landes, ihren Sitz hat. Ich betone nachdrücklich, dass es nicht meine Absicht war, Menschen zu verletzen, sondern dass es meine Absicht war, die Normalität dieses Viertels zu verändern. Ein Beweis dafür ist, dass ich zunächst daran dachte, die Sprengsätze in den Toiletten des Café Kant im Tanica-Gebäude zu platzieren, aber wegen der Gefahr, Menschen zu verletzen, habe ich das schließlich verworfen und beschlossen, einen Sprengsatz im Parkbereich der Tánica-Immobiliengesellschaft zu platzieren, und zwar unter einer Zementbank, die die Explosion dämpfen würde.

Bei diesem Anschlag wurde ein weiteres Ziel ins Auge gefasst, nämlich der Angriff auf die Carabineros GOPE durch die Explosion eines weiteren Sprengsatzes, der so angebracht werden sollte, dass er eine halbe Stunde nach dem ersten explodieren würde. (….), die zu einem Zeitpunkt explodieren sollten, zu dem das GOPE in der Nähe seine Arbeit verrichtete, mit dem einzigen Ziel, ihnen einen gehörigen Schrecken einzujagen.

(…)

Ich beschloss, die Carabineros anzugreifen, weil sie nicht nur historische Feinde von uns Anarchisten waren, sondern weil sie damals schon Hunderte von Augäpfeln[1] verstümmelt hatten (…) Ich beschloss, die Carabineros auch deshalb anzugreifen, weil sie gefoltert, geschlagen und Folterzentren eingerichtet hatten, wie das in der U-Bahn-Station Baquedano, was, obwohl die Justiz es geleugnet hat, wir alle wissen, dass dies der Fall war.

Von Beginn des Aufstandes an war ich bei den verschiedenen Demonstrationen dabei, die jeden Tag stattfanden, und ich konnte sehen, wie junge Menschen wenige Meter von mir entfernt durch die Kugeln und Tränengasbomben der Carabineros blutig geschlagen wurden. Aus diesem Grund hat der Aufstand die Carabineros als einen seiner Hauptfeinde identifiziert, weshalb ein Angriff auf sie unerlässlich und völlig gerechtfertigt war“.


[1] A.d.Ü., mittels Gummigeschosse und anderem.

Übernommen von der Soligruppe für Gefangene.

[Metz, Frankreich] Neues von Boris

Indymedia Lille, 23.11.21

Entgegen unseren Erwartungen war die Beendigung der Sedierung vor etwa anderthalb Monaten [d. h. die Beendigung der Versetzung in ein künstliches Koma] nicht der Beginn einer deutlichen Genesung.

Boris befindet sich noch immer in der Abteilung für schwere Verbrennungen im Krankenhaus Metz, auf der Intensivstation. Sein Zustand ist fragil und instabil. Er ist immer noch nicht in der Lage, zu sprechen oder zu schreiben. Es ist nicht absehbar, wie lange es dauern wird, bis er seine Fähigkeiten wiedererlangen kann.

Darüber hinaus können seine Sachen nicht aus dem Gefängnis geholt werden. Es ist daher denkbar, dass die Ermittlungen zum Brand in der Zelle noch nicht abgeschlossen sind.

Je nachdem, wie sich die Situation entwickelt, wird es Neuigkeiten geben.

Anarchist*innen in Solidarität und Komplizenschaft

Entnommen vom Schwarzen Pfeil.

Boris erwacht aus dem Koma!

Via Indymedia Lille, 18.10.21

Seit etwa zwei Wochen steht Boris nicht mehr unter Beruhigungsmitteln, was bedeutet, dass er langsam aus dem künstlichen Koma erwacht. Seine Behandlung und das Gerichtsverfahren (1) können noch lange dauern. Es liegt nun an ihm, zu entscheiden, ob er Neuigkeiten bekannt geben will oder nicht.

Möge jede_r von uns den persönlichen Weg zu einer Welt ohne Autorität fortsetzen.

Anarchist_innen in Solidarität und Kompliz_innenschaft.

(1): 28. September: Boris kommt aus dem Knast, ist aber nicht außer Gefahr

P.S.: Boris braucht kein Geld mehr für seine Kantine, und das seit seinem Krankenhausaufenthalt. Es ist möglich, sich an den Transportkosten der Menschen zu beteiligen, die ihn im Krankenhaus besuchen. Hierfür kannst du an besakattak@riseup.net schreiben.

Entnommen vom Schwarzen Pfeil.

Anarchistischer Gefährte Boris kommt aus dem Knast, aber nicht außer Gefahr

Via sansnom
Indymedia Lille, 29. September 2021

Der Prozess vom 20. September, bei der es um die Berufung gegen die vierjährige Haftstrafe gegangen wäre, konnte wegen des immer noch kritischen Gesundheitszustands unseres Gefährten, der weiterhin im künstlichen Koma liegt, nicht stattfinden. Die Richter_innen beschlossen, ihn ohne richterliche Kontrolle „freizulassen“ und seinen Prozess bis auf Weiteres zu verschieben.

Wir können uns zwar freuen, dass er nicht mehr unter der Kontrolle der Gefängnisverwaltung steht, aber leider ist er noch nicht fertig mit der Justiz, denn das Ende seiner Strafe [der Sicherungsverwahrung] und seine Berufung sind nur aufgeschoben.

Die Worte und Taten, die sich in Solidarität mit Boris häufen, lassen den Wunsch aufkommen, außerhalb jeglicher Autorität zu leben.

Anarchist_innen in Solidarität und Komplizenschaft,

  1. September 2021

Entnommen vom Schwarzen Pfeil.

[Besançon, Frankreich] Es gibt nicht nur ihre Techno-Überwachungswerkzeuge in unserem Leben, es gibt auch noch die Snitches

In Zeiten des 5G-Ausbaus ist der Kampf gegen diese Kontrollgesellschaft in vollem Gange. Die Angriffe auf die Telekommunikationsantennen oder die Unternehmen, die teil daran haben, auch: in Frankreich wurden seit März 2020 mehr als hundert Sabotagen gezählt.
Genug, um bei der kapitalistischen Gesellschaft und dem Staat eine Stinkwut zu entfachen. Die Repressionswelle kennte keine Ruhe und die Cops verwenden alle technologischen Überwachungswerkzeuge, die ihnen zur Verfügung stehen um zu versuchen jede aufkeimende Revolte zu unterdrücken und zu ersticken.

Seit letztem Jahr wurden wegen der Sabotage an Funkmasten bei um die dreißig Personen Hausdurchsuchungen durchgeführt, wurden diese angeklagt oder inhaftiert. Das ist auch der Fall von Boris, einem anarchistischen Gefährten, der im September 2020 in Nancy für die Brandstiftung an zwei Funkmasten im Jura in den Knast gesteckt wurde, und der heute im Krankenhaus liegt, weil es in seiner Zelle gebrannt hat. In einem Brief, den er im Knast geschrieben hat, erwähnt er die Apparate, die die Cops verwendet haben um während der Ermittlungen seinen Alltag auszuspähen: IMSI-Catcher-Koffer, Kameras vor einer Wohnung, GPS-Tracker unter den Autos ihm nahestehender Personen, direktes Abhören und Ortung, Zivis des GIGN [Groupe d’intervention de la Gendarmerie nationale, vergleichbar der GSG9] (aus Versailles) zu seiner Beschattung und Beobachtung, Antrag auf Anbringung einer Wanze in einer Wohnung und in einem Mäuerchen eines Parks, in dem er regelmäßig Freunde traf, diskretes Aufsammeln von Kronkorken, die im öffentlichen Raum zurückgelassen wurden…

In Besançon, einige Monate nach der Inhaftierung von Boris, wurden mindestens zwei Personen seit Anfang 2021 von den Cops angequatscht. Während man von der einen Person nichts weiß, wurde die zweite auf jeden Fall mehrere Male aufgesucht. Klassischer Move, eine Erpressung bezüglich Papieren, wie oft kombiniert mit Isolation und Armut, eventuellem juristischem Dreck oder einfach der Umstand, dass diese Personen sich im Umfeld der militanten anarchistischen Kreise bewegen.

Alles beginnt mit einem ersten Treffen: man bietet ihm Arbeit an, Geld oder eine Wohnung im Austausch für Informationen. Man stellt ihm eine schnellere Bearbeitung seiner Anträge in Aussicht, und diese umgekehrt zu verzögern, sollte er sich weigern. Unter Druck gesetzt hat er zugestimmt sich zu regelmäßigen Treffen mit Zivis in einem Park in der Nähe des Kommissariats zu begeben.

Seine Missionen sind die folgenden gewesen, solange das Ermittlungsverfahren gegen Boris noch nicht abgeschlossen war und er also noch wegen „krimineller Vereinigung“ angeklagt gewesen war:

  • An der Erfassung von Personen teilzunehmen, die als ihm nahestehend gelten, die Beziehungen zwischen ihnen auszuspähen und Schwächen/Druckmittel zu indentifizieren, zukünftige Unterstützungs-/Solidaritätsaktionen herauszufinden
  • Sich an militante Orte zu begeben und an Veranstaltungen und Treffen teilzunehmen (Kampfplenum im Freien, KüfAs) um die Anwesenheit gewisser bestimmter Anarchist.innen auszuspähen, die Beziehungen zwischen den Gruppen und den Individuen derselben Stadt zu verstehen, die politischen Verbindungen zwischen verschiedenen Städten zu identifizieren
  • gewisse Profile und Haltungen auszuspähen: potenzielle Saboteure, vehementere oder charismatischere Personen als andere (die Cops suchen gemäß ihrem eigenen Bild immer einen Anführer!).

Diese Art Situation sät Aufruhr und kann nicht schweigend hingenommen werden. Die Manipulation der Cops kennt keine Grenzen und der Einsatz von Spitzeln hat schon immer zu ihren Methoden gehört um die subversiven und anarchistischen Netzwerke zu kartographieren und zu versuchen sensible Informationen zusammenzutragen.

Man kann es nicht oft genug wiederholen: unnötig sich für einen Doppelagenten zu halten, man wüsste es, wenn das einem einen Nutzen bringen würde. Mit den Cops zu labern bedeutet ihr Spiel mitzuspielen und sich neuen Unterdrucksetzungen auszuliefern. Mit ihnen zu labern bedeutet sie zu informieren, auch wenn es sich um Unverfänglichkeiten handelt, wenn man beispielsweise irgendwelche Details weitergibt, die es für sie nicht sind. Mit ihnen zu labern bedeutet andere in Gefahr zu bringen.
Mit ihnen zu labern bedeutet zu kollaborieren.
Mit ihnen zu labern bedeutet diejenigen zu verraten, die einem nahestehen und die Vertrauensbasis zu anderen zu verlieren und das eigene militante Leben zu ruinieren.

Die Augen und Ohren des Staates werden nie damit aufhören sich in unser Privat- und politisches Leben einzumischen, mit der Technologie als auch mit menschlichen Informationen.
Angesichts dessen, lasst uns überall und immer aufpassen, ohne der Paranoia zu verfallen, lasst uns Arten und Weisen finden, wie wir Beziehungen vertiefen, die auf Vertrauen und Affinität basieren, während wir gleichzeitig ganz allgemein lernen nicht leichtfertig zu reden, auch unter uns.

Anarchist.innen aus Besançon,
Septemer 2021

Quelle: Sans Nom

Entnommen aus Zündlumpen #085.